Vortrag

Wo geht's denn hier nach Königsberg?

Vortrag für betroffene Menschen und ihre Angehörigen, Fachkräfte der Altenhilfe, ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und alle Interessierten

10. Februar 2016 in Bochum
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Werkstatt

Werkstatt Trauma in der Altenhilfe

Traumafolgen sind oft unsichtbare Regisseure hinter dem Verhalten alter Menschen, das unerklärlich scheint. Deswegen ist es notwendig, in der Altenpflege, den sozialen Diensten und anderen Bereichen der Altenhilfe von den traumatischen Erfahrungen und ihren Auswirkungen zu wissen und zu lernen, wie man praktisch damit umgehen kann.
Der Werkstatt-Tag hilft Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Altenhilfe, solche Phänomene zu verstehen, sie in posttraumatische Prozesse einzuordnen und ihnen adäquat zu begegnen.

16. Februar 2016 in Bonn
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„Trauma, Trost und Talismann“

Ein Trauma ist eine Wunde. Es gibt körperliche Wunden und seelische Wunden. Erfahrungen sexueller Gewalt und andere Traumata wirken lange nach. Warum das so ist und wie sich das auswirkt, dazu bietet diese Veranstaltung Informationen, Diskussionen und kreative Zugänge zu besserer Hilfe und Unterstützung.

17. Februar 2016 in Bergheim
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Mediathek

Lesen

Sigrid Lichtenberger: Mein Ich im Gefüge der Zeit. Jung sein in den Jahren 1923 bis 1945 (2005, Bielefeld: Pendragon)

In dem Buch „Mein Ich im Gefüge der Zeit. Jung sein in den Jahren 1923 bis 1945“ erzählt Sigrid Lichtenberger in ausdrucksstarker und bildreicher Art über ihre Kindheit und Jugend in Leipzig zu Kriegszeiten, denn sie „(…) muss schreiben, was war, um zu wissen, was heute ist.“ Die Schriftstellerin wurde 1923 in Leipzig geboren, wo sie bis 1948 lebte. Auf Umwegen kam sie 1953 nach Bielefeld, wo sie heute lebt und arbeitet. Im Projekt „Alter und Trauma“ wirkte sie als Erzählerin im ersten Erzählcafé in Bielefeld mit.

Ihr erstes Buch veröffentlichte sie erst mit 60 Jahren. Seitdem sind über 20 Publikationen hinzugekommen. Die Kurzgeschichten, autobiographischen Texte und Gedichte tragen so poetische Titel wie „Ohne Gestern kein heute“, „Am Bahnsteig entgleist die Zeit“ oder „Jeder ist anders anders“. Ihre „Gedichte in unruhigen Zeiten“ regen zum Nachdenken an. Sie erheitern und klingen nach.

Mit Genehmigung der Autorin dürfen wir eines der Gedichte auf der nächsten Seite abdrucken...

Erinnern

Wiederkehrende Erinnerung
beim Ton der Sirene
auf und ab
Heulen und Zähneklappern
Unter Trümmern begraben
Klopfzeichen
 
Noch immer sind die Häuser
nicht sicher
noch immer heult der Ton
auf und ab
noch immer blüht der Kirschbaum
fällt Staub
auf mein Haar
Glassplitter
Feuerflammen
beim Ton
auf und ab
 
Wiederkehrende Erinnerungen
niemand hält den Schritt
an
niemand fragt nach

 

aus: Sigrid Lichtenberger (2003): Gedichte in unruhigen Zeiten. Bielefeld: Pendragon, S. 30. Der Gedichtband ist nur noch antiquarisch bzw. über das Internet erhältlich.

Lesen/Fachliteratur

In unserer Mediathek finden Sie ab sofort die neue Rubrik „Fachliteratur“. Hier stellen wir Fachtexte und -bücher vor, die im Zusammenhang mit dem Verbundprojekt Alter und Trauma erschienen sind oder von den Projektpartnern geschrieben wurden.

Wie zum Beispiel auf der nächsten Seite das Buch "Kriegerbe in der Seele: Was Kindern und Enkeln der Kriegsgeneration wirklich hilft"...

 

Gabriele Frick-Baer und Udo Baer: Kriegserbe in der Seele

Was Kindern und Enkeln der Kriegsgeneration wirklich hilft

Die Folgen kriegstraumatischer Erfahrungen werden in letzter Zeit in der Öffentlichkeit mehr beschrieben und wahrgenommen, und auch die Kinder und Enkel der Kriegsgeneration setzen sich damit auseinander. Sie treibt das Interesse, was ihre Eltern und Großeltern erlebt und getan haben, die oft nicht oder nur bruchstückhaft darüber reden konnten oder wollten. Doch die meisten Publikationen führen nur bis zu der Erkenntnis, dass es Folgen von Kriegstraumata gibt und beschreiben, welche Erfahrungen dahinter aufscheinen und wie sie sich auswirken können.

Die Autoren des Buches „Kriegserbe in der Seele“ wollen darüber hinaus auch die Frage beantworten, die ihnen immer wieder in Vorträgen, Therapien und Beratungen gestellt wurden: Was hilft mir wirklich? Zu den Antworten gehört in erster Linie, sich selbst zu verstehen.

In ihrem Buch zeigen Dr. Gabriele Frick-Baer und Dr. Udo Baer auf, wie sich Verständnis für die Eltern oder Großeltern entwickeln lässt. Nicht um alles zu entschuldigen, sondern um eine offene Haltung zu entwickeln, die das Gespräch ermöglicht. Sie geben Hinweise dazu, wie die manchmal schmerzhafte Auseinandersetzung geführt werden kann, sofern sie noch möglich ist und ermutigen sich dem Thema zu stellen. Die Botschaft ist: Die Kinder und Enkel müssen den Folgen traumatischer Erfahrungen früherer Generationen nicht hilflos ausgeliefert sein, sondern können aktiv und verändernd damit umgehen.

 

Gabriele Frick-Baer und Udo Baer: Kriegserbe in der Seele: Was Kindern und Enkeln der Kriegsgeneration wirklich hilft, 189 Seiten, Beltz; Auflage: 2 (3. November 2015), ISBN-10: 3407857403, ISBN-13: 978-3407857408

Schauen

Die Hälfte der Stadt: Glasnegative, gerettet in einem Keller, leiten zur Erinnerung an einen jüdischen Dorffotografen

In seinem Dokumentarfilm „Die Hälfte der Stadt“ benutzt der Regisseur Pawel Siczek die verschollen geglaubten Porträtaufnahmen des jüdischen Fotografen und Regionalpolitikers Chaim Berman aus der polnischen Provinz für eine anrührende, leise Erinnerungsarbeit.

1890 kommt Berman in dem Städtchen Kozienice zur Welt und wird wie sein Vater der Porträtfotograf im Ort. Als die deutschen Truppen einmarschieren, endet das weitgehend friedliche Zusammenleben in der Stadt, in der damals rund 4000 Polen und 6000 Juden leben. Die Suche nach Chaim Berman und seinem Schicksal beginnt für den Regisseur Pawel Siczek mit Tausenden Glasnegativen Bermans. Der heute über 90jährige Saturnin Mlastek, ein Sohn der Familie, bei der Chaim zeitweise gewohnt hatte, hatte sie vor der Zerstörung gerettet. Siczek fragt ihn und andere Bewohner und Zeitzeugen nach ihren Erinnerungen, er begleitet einen jungen Fotografen und seine Lebensgefährtin bei der Suche nach den Aufnahmeorten Bermanscher Fotos im heutigen Kozienice.

Und er findet den Menschen, der Chaim Berman zuletzt gesehen hat: die Tochter von Antoni Kaczor, der die Bermans im Krieg bei sich versteckte. Wir sehen und hören zu, wenn die nun ältere Dame nach Kozienice zurückkehrt und ruhig, aber sichtlich bewegt von damals erzählt, von den Momenten des Schreckens, der permanenten Bedrohung.

Um die Erinnerungen ohne Pathos zu visualisieren, nutzt Siczek das Mittel der Animation. In sepiafarbenen Zeichnungen erscheint ein buntes, bewegtes Leben vor dem Faschismus, wird den Zuschauern dann die allmähliche Verrohung und schließlich die Zerstörung von Leben in Erinnerung gebracht, berührt der Film durch die sensible Montage der einzelnen Szenen. Aber vor allem kehrt der Film immer zu den Glasnegativen und Abzügen zurück. Ohne Kommentar lässt er die Fotografien wirken, überlässt uns der Faszination des Mediums – und bringt uns damit den Schatz Chaim Bermans und sein Vermächtnis als Chronist seiner Stadt umso näher. Berman fotografiert die üblichen Familienszenen ebenso wie stolze Einzelporträts seiner Kunden und dokumentiert auf diese sachliche Art schließlich auch den Wandel: Fast nebenbei erkennen wir auf späteren Fotos die Armbinden mit dem Judenstern, die die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt tragen mussten. Mit dem Wissen von heute staunen wir über die Ruhe, teils auch den Stolz, mit dem sie sie tragen. So haben ein paar der Frauen den Davidstern individuell verändert, als wollten sie sich aus Trotz das diskriminierende Zeichen aneignen.

Der Film wiederum ist eine liebevolle, sorgsame Wiederaneignung der Geschichte des Dorffotografen Chaim Berman, die (auch) dank seiner Passion für dieses dokumentarische Medium in Erinnerung bleibt.   

Kinostart: Anfang November 2015/ Da RBB und Arte den Film mitproduziert haben, wird er 2016 oder 2017 auch im TV zu sehen sein.

Trailer

Quellen: eigene Rezeption, Deutsche Film- und Medienbewertung - FBW und filmstarts.de

 

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