Grundlegendes zu Beratung und Therapie

In der Regel wenden sich ältere Menschen mit lebensgeschichtlichen Themen oder psychischen Beeinträchtigungen – wenn überhaupt - an ihre Hausärzt/innen. Eine Studie im Auftrag der Bundesärztekammer im Jahr 2012 hat ergeben, dass die meisten befragten Personen sich bei körperlichem und psychischem Unwohlsein an ihren Hausarzt/ihre Hausärztin wenden – der größte Teil sogar ausschließlich an diese (Heuft, 2012). Behandelt werden psychische Erkrankungen bei älteren Menschen in der Regel mit Arzneimitteln. Einem Viertel der über 70-jährigen werden Psychopharmaka im eigentlichen Sinne verabreicht (Helmchen, 2010). Sie sind demnach maßgeblich darauf angewiesen, an geeignete Psychotherapeut/innen oder Beratungsstellen weitervermittelt zu werden, damit sie eine angemessene Unterstützung erhalten.

Darauf kommt es bei einer Therapie mit Älteren an

Therapeut/innen brauchen für die Therapie von älteren Menschen Kenntnisse gesellschaftlich-historischer Entwicklungen und von Altersprozessen (Kipp, 2008). Eine Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen zu Themen wie Altern, Krankheit, Leben und Tod ist dabei eine wichtige Voraussetzung für die Arbeit. Jede Lebensphase eines Menschen ist durch spezifische Themen und Entwicklungsaufgaben gekennzeichnet, so auch die Lebensphase Alter. Themen wie „Abschied“, „Trauer“, „Pflege“, „körperliche Veränderungen“ können genauso Inhalt werden wie auch „Gestaltung der Zukunft“, „Neubewertung von Vergangenheit“ „Aktive Gestaltung der Gegenwart“, „Würdigung der Lebensgeschichte“ und „Selbstbestimmung“.

Strukturen einer Beratungsstelle oder psychotherapeutischen Praxis werden sich in aller Regel verändern müssen, wenn sie altersspezifische Angebote entwickeln. So kann der übliche Zeitrahmen von 45 bis 60 Minuten für ältere Menschen unter Umständen unpassend sein. Manchmal ist gerade für den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung ein längerer Zeitrahmen sinnvoll, da - wie bereits beschrieben - Themen wie „Persönliche Probleme“ oder „Inanspruchnahme von Hilfe“ bei Älteren häufig besonders schambesetzt sind und „Sprachräume“ erst eröffnet werden müssen. Ebenso sehr ist es denkbar, dass Zeiten kürzer gesetzt werden sollten, um eine ältere Person nicht zu überfordern. Maxime für die Profis muss daher immer sein „Ist das Angebot passend für den Menschen?“ und weniger „Ist der Mensch passend für das Angebot?“ Psychotherapie und Beratung von Älteren erfordert eine große Flexibilität der Therapeutin/des Therapeuten.

Das gilt auch für die (räumliche) Zugänglichkeit von Therapie/Beratung: Manchmal ist es älteren Menschen aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht möglich in eine Praxis oder Beratungsstelle zu kommen. Hier ist es wichtig – neben barrierefreien Beratungsstellen und Praxen – auch aufsuchende Angebote zu etablieren.