Thema "Krieg und Kriegskinder“

Die Hälfte der Stadt

Die verschollen geglaubten Porträtaufnahmen des jüdischen Fotografen und Regionalpolitikers Chaim Berman aus der polnischen Provinz benutzt der Regisseur Pawel Siczek in seinem Dokumentarfilm „Die Hälfte der Stadt“ für eine anrührende, leise Erinnerungsarbeit.

1890 kommt Berman in dem Städtchen Kozienice zur Welt und wird wie sein Vater der Porträtfotograf im Ort. Als die deutschen Truppen einmarschieren, endet das weitgehend friedliche Zusammenleben in der Stadt, in der damals rund 4000 Polen und 6000 Juden leben. Die Suche nach Chaim Berman und seinem Schicksal beginnt für den Regisseur Pawel Siczek mit Tausenden Glasnegativen Bermans. Der heute über 90jährige Saturnin Mlastek, ein Sohn der Familie, bei der Chaim zeitweise gewohnt hatte, hatte sie vor der Zerstörung gerettet. Siczek fragt ihn und andere Zeitzeugen nach ihren Erinnerungen, er begleitet einen jungen Fotografen und seine Lebensgefährtin bei der Suche nach den Aufnahmeorten Bermanscher Fotos im heutigen Kozienice. Er findet den Menschen, der Chaim Berman zuletzt gesehen hat: die Tochter von Antoni Kaczor, der die Bermans im Krieg bei sich versteckte.

Wir sehen und hören zu, wenn die nun ältere Dame nach Kozienice zurückkehrt und sichtlich bewegt von damals erzählt, von den Momenten des Schreckens, der permanenten Bedrohung. Um die Erinnerungen ohne Pathos zu visualisieren, nutzt Siczek das Mittel der Animation. In sepiafarbenen Zeichnungen erscheint ein buntes, bewegtes Leben vor dem Faschismus, wird den Zuschauern die allmähliche Verrohung und schließlich die Zerstörung von Leben in Erinnerung gebracht, berührt der Film durch die sensible Montage der einzelnen Szenen. Aber vor allem kehrt der Film immer zu den Glasnegativen und Abzügen zurück. Ohne Kommentar lässt er die Fotografien wirken, überlässt uns der Faszination des Mediums – und bringt uns damit den Schatz Chaim Bermans und sein Vermächtnis als Chronist seiner Stadt umso näher.

Quellen: eigene Rezeption, Deutsche Film- und Medienbewertung - FBW und filmstarts.de

B. sucht … Kriegswunden

20 Kriege gab es weltweit im letzten Jahr. In der Dokumentation „B. sucht…Kriegswunden“ (WDR Fernsehen 14.08.2014) werden drei sehr unterschiedliche Kriegsschicksale vorgestellt: ein syrischer Arzt, der sich auf das Anpassen von Prothesen für Kriegsversehrte spezialisiert hat; ein Bundeswehrsoldat, der in Afghanistan schwer verwundet wurde und bis heute leidet sowie eine 80jährige, die 70 Jahre nach Kriegsende davon berichtet, wie das Überleben unter schwierigen Bedingungen prägte. Mit unaufgeregter Anteilnahme bringt dieser Film die so entlegenen Zeiten und Orte des persönlichen Leids miteinander in Verbindung.

Vater blieb im Krieg - Kindheit ohne Vater nach dem Zweiten Weltkrieg

Fast 2,5 Millionen Kinder in Deutschland haben im Zweiten Weltkrieg ihren Vater verloren. Beinahe jedes vierte Kind wuchs ohne männlichen Elternteil auf. Bis ins hohe Alter hat die Vaterlosigkeit ihre Biografien geprägt. „Für viele bleibt die Suche das Lebensthema“, heißt es in dieser ARD Dokumentation. Bis heute erhält die Wehrmachtauskunftsstelle in Berlin zehntausende Anfragen jährlich.

In der ARD Dokumentation „Vater blieb im Krieg - Kindheit ohne Vater nach dem Zweiten Weltkrieg“ (ARD 17.09.12; 43:37 Min.) erzählen die Kinder von ihrer Suche und der Sehnsucht nach dem Vater, den sie nie kennen lernten.

Kriegsenkel

Meist beginnt die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der Eltern oder Großeltern mit der Täterfrage. So auch in der Dokumentation „Generation Kriegsenkel: War Opa ein Nazi?“, die im April 2014 im Bayerischen Fernsehen erstausgestrahlt wurde. Der Schauspieler Raphael Dwinger tritt darin eine Reise in die Vergangenheit an. Sein Ringen um Aufarbeitung in der eigenen Familie wurde Gegenstand des Dokumentartheaters: 'Nestbeschmutzung'. Sein jüdischer Freund Tobias Ginsburg, Enkel von Überlebenden des Holocaust, führte Regie.

Dokumentiert werden die Recherchen in den eigenen Familien und welche Gefühle die neuen Familienbilder bei den Jüngeren auslösen. Zu den Familiengeheimnissen gehören dabei auch bislang kaum beachtete Tabus: Der Großvater als Nazi-Opfer.

Menschen hautnah: Wir Kriegskinder.

Dokumentation des WDR, in der exemplarisch die Geschichte von zwei „Kriegskindern“ im Alter, das Wiederkehren der Erinnerung an die zurückliegenden Erfahrungen in der Lebensphase Alter und ihre Bewältigungsstrategien vorgestellt werden. Auch Auswirkungen auf nachfolgende Generationen werden anschaulich thematisiert.

Kriegskinder

Vierteilige ARD-Dokumentation über die Generation der „Kriegkinder“. In Interviews berichten Betroffene (u.a. Joachim Fuchsberger) von nationalsozialistischer Propaganda, Bombenangriffen, dem Verlust des Vaters, Flucht und Vertreibung.

Kriegskinder (1/4) – Vater muss an die Front

Kriegskinder (2/4) – Mit den Bomben kam die Angst

Kriegskinder (3/4) – Mit dem Teddy in die Flucht

Kriegskinder (4/4) – Von der Schulbank ins Gefecht

Young @heart

Eine berührende Dokumentation über einen amerikanischen Laienchor, deren 30 Mitglieder zwischen 70 und 100 Jahre alt sind. Gemeinsam mit ihrem Chorleiter Bob Climan singen sie zu „Should I stay or should I go“ von The Clash, kämpfen sich durch Songs der Talking Heads oder rühren an zu „Fix me“ von Coldplay. Die Dokumentation begleitet die Chormitglieder auch in Zeiten von Krankheit und Verlusten und zeigt vor allem die enorme Lebensfreude der (hoch)altrigen Sängerinnen und Sänger.

Ein Film, der zum Lachen, Weinen und Nachdenken anregt und sicherlich im Gedächtnis bleibt. Mag der Trailer zum Kinofilm auch etwas grell wirken, der Film hat vor allem auch sehr berührende, leise Momente. Zu ihnen gehört die Version von Cold Play „Fix me“, in der auf hintergründige Weise - auch traurige - Lebenserfahrungen anklingen.